Montag, 27. November 2017

Warum ich meinen Sport vor der Arbeit mache

Wenn morgens der Wecker klingelt möchten die meisten Menschen den selbigen am liebsten sofort mit einem Vorschlaghammer ins Jenseits befördern. Mir geht es da oft nicht anders. Selten wache ich an einem Arbeitstag erfrischt und munter auf, mache einen Brunftschrei und stürze mich voller Motivation und freudiger Erwartung ins Leben. Ich bewundere die Menschen, die so ticken, aber ich bin leider anders gestrickt.

Mein Alltag ist vor allem von zu wenig Schlaf geprägt, was aus einem schlechtes Zeitmanagement, YouTube-Sucht und leichter Ablenkbarkeit resultiert. Dazu die mehr der minder freiwillige Mitgliedschaft in diversen WhatsApp- und Facebook-Gruppen. Ein leidiges Thema. Lange Rede kurzer Sinn: Um genug Schlaf zu bekommen, sollte ich gegen 21 Uhr Richtung Bett marschieren. Die Realität weicht von diesem Ziel signifikant ab.

Aus meinem Schlafdefizit resultiert meine Morgenmuffeligkeit sowie meine ausgeprägte Koffeinsucht. Trotzdem trainiere ich seit ca. zehn Wochen von Montag bis Freitag vor der Arbeit. Warum möchte ich euch heute in diesem Blog erklären und gleichzeitig Werbung für diesen Lebensstil machen.

Ich bin kein Mensch, der voller Ungeduld das nächste Workout herbeisehnt. Das Gegenteil ist eher der Fall. In der Regel muss ich mich zu meinen Workouts treten. Da ich unter starker Aufschieberitis leide, sah bis vor Kurzem die Praxis meist wie folgt aus:
Langer Tag auf der Arbeit! Wenn man um 19 Uhr erst nach
nach Hause kommt, will niemand mehr Sport machen!

Nach einem vollen Schultag, kam ich nach Hause und musste erst einmal – so meine feste Überzeugung – ein bisschen Entspannen. Der Fernseher gab mir kognitiv leichte Unterhaltung, auch Assi- oder Hartz-IV-TV genannt. Aus einer geplanten Stunde wurden zwei. Jetzt ist so Assi-TV manchmal ganz schön ermüdend… Also machte ich mir erstmal einen Kaffee. Nachdem ich diesen getrunken hatte, musste ich erstmal eine kleine aber feine Verdauungspause machen, sagen wir mal so zwei bis drei Stunden und *huch!* der Tag war vorbei und ich hatte noch gar keinen Sport gemacht… Macht ja nichts, beruhigte ich mein Gewissen. Dann machst du morgen einfach etwas mehr Sport.

Am nächsten Tag das gleiche Spiel. Wenn überhaupt machte ich ein Training. An Aufholen war gar nicht zu denken. Die Folge dürfte jedermann klar sein: ich machte zu wenig oder gar keinen Sport, Ergebnisse ließen folglich auf sich warten. So wollte ich nicht weiter existieren und aus genau diesem Grund bin ich dazu übergegangen meinen Sport morgens „aus dem Weg zu schaffen“.

Ich muss zugeben, dass die ersten Wochen wirklich hart waren! Jeden Morgen hatte ich quälende Diskussionen mit meinem Schweinehund. Dieser ist ein Meister darin Ausreden zu finden. Aber nach Wochen der Disziplin wurde die Stimme des Faulpelzes immer leiser, bis sie schließlich nur noch ein leises Flüstern war, welches getrost ignoriert werden konnte. Im Gegenzug für meine Beständigkeit habe ich ein neues Stück Lebensqualität erhalten. Es ist ein wirklich großartiges Gefühl, wenn man am Abend nach Hause kommt und das Training nicht wie ein Damoklesschwert über einem hängt. Auch komme ich morgens viel frischer auf der Arbeit an und mache endlich die Veränderungen in meiner Physis, die ich brauche, um motiviert zu bleiben.

Und so sieht mein Morgen aus:
  • 5:00 Uhr: Der Wecker klingelt, ich fluche und drücke die Snooze-Taste
  • 5:02 Uhr: Der Handywecker klingelt, ansonsten siehe 5:00 Uhr
  • 5:20 Uhr: Ich prügel meinen schlaffen Körper aus dem Bett, fluche erneut, zieh Sportklamotten an
  • 5:25 Uhr: Ich rühre eineinhalb Dosierlöffel C4 in 200ml Wasser und trinke das Zeug auf Ex (weiterer Vorteil: Der morgentliche Kaffee zur Koffeinsuchtbefriedigung fällt weg), erneutes Fluchen
  • 5:30 Uhr: Ich habe es geschafft, stehe vorm Fernseher, lege die DVD mit dem WOD (workout of the day) in den DVD-Player und beginne mein dreißigminütiges Workout (meistens HIITs oder Kraftausdauer)
  • 6:05 Uhr: Duschen, anziehen, fertigmachen
  • 6:40 Uhr Ab ins Auto, Fahrt zur Schule


das morgendliche Equipment
Dem aufmerksamen Leser ist aufgefallen, dass mein Schweinehund und ich mit dem Fluchen aufhören, sobald ich mit dem Sport begonnen habe. Ich habe also an schlechten Tagen ca. zwanzig Minuten Leidensdruck, aufgrund meiner unsagbaren Faulheit. Diese zwanzig Minuten sind aber nichts im Verhältnis zu einem ganzen Arbeitstag, an dem ich ständig daran denken muss, dass ich ja noch Sport treiben muss.


Alles in allem hat sich das Konzept „Sport am Morgen“ für mich bewährt und bezahlt gemacht. Ich lege es jedem ans Herz, dem beim Sport ständig was dazwischenkommt und der deshalb seine sportlichen Ziele verfehlt. Der Start ist hart, aber glaubt mir: ES LOHNT SICH!

Dienstag, 10. Oktober 2017

Wenn du nicht mehr weiter weißt...


…gründe einen Arbeitskreis oder: mach, was alle hysterischen Fangirls machen und buche dir einen Termin bei dem Fitnesstrainer, den du schon ewig anhimmelst, in meinem Fall Strong, alias Rapha, von Strong and Flex TV.

Ich folge den beiden jetzt schon eine ganze Weile auf YouTube und kann mich mit vielen ihrer Ansätze wirklich sehr gut identifizieren. Mir gefällt vor allem das Maß und die Balance, mit der beide in ihren Videos an das Thema Fitness gehen. Nicht die Optik, sondern vor allem die Gesundheit stehen im Vordergrund. Das sind Prinzipien, die auch ich vertreten kann. Gleichzeitig sind beide dort radikal, wo es mir angebracht erscheint. Vor allem, wenn es um das Thema alternative Sitzhaltungen oder Schuhe im Allgemeinen geht. Ich habe euch die hierzu prägnantesten Videos im Text verlinkt, aber auch ein Blick in die Vielzahl der anderen Videos lohnt sich! Mit gut 106k Abonnenten ist Strong and Flex TV ein relativ kleiner Kanal in YouTube Deutschland. Das soll aber nicht dazu verleiten zu glauben, die Videos seien nicht gut.

Ich bin seit Dezember 2013 in der Fitness-Welt zu Hause. Ich habe, wie vermutlich die meisten Sportler, Rückschläge einstecken müssen. Aber in der ganzen Zeit konnte ich mir einiges an Wissen aneignen. Es ist genug Wissen, um beurteilen zu können, dass die Jungs keinen Blödsinn erzählen.
Wie man abnehmen kann, das weiß ich mittlerweile und seitdem ich es auch wieder ernsthaft versuche, funktioniert es ganz wunderbar. Auch wie man Fitness aufbaut, weiß ich. Auch das funktioniert seit den Sommerferien ganz wundervoll! Ich mache in beiden Punkten also gute Fortschritte. Warum um alles in der Welt brauche ich also ein Coaching!?

Ich wäre zu geizig aus einfachen Optimierungsgründen ne Stange Geld zu investieren. Das könnte ich mir auch anlesen. Eine weitere Möglichkeit wäre mir sämtliche Videos von den beiden reinzuziehen und mir dann Übungen davon auszusuchen. Das alles würde aber das eine Problem nicht lösen: Meine schmerzenden Knie. Seit der Pubertät kämpfe ich mit beiden Knien, manchmal ist es wie ein stechender Schmerz. Plyo-Übungen bereiten mir regelmäßig Schmerzen. Dasselbe gilt fürs Joggen. Glaubte man meinem kindlichen Ich noch nicht, dass mein Problem real ist, so weiß ich seit Mitte 2014, dass es einen Namen hat: Patellasehnen Syndrom. Beidseitig. „Ihr Knie ist intakt. Fahren Sie viel Fahrrad,“ war die Meinung einiger Ärzte, die mich mit diesem netten Ratschlag wieder weggeschickt haben. Ich war fast schon ein bisschen enttäuscht, dass niemand dran rumschnibbeln wollte. Immerhin bin ich als Lehrer Privatpatient! Ne ordentliche Physiotherapie wurde mir aber auch nicht verschrieben. Und so trainierte und trainierte ich weiter, mal mit mehr, mal mit weniger Schmerzen und immer mit der Angst, dass das Knie am Ende doch kaputt gehen könnte… Bis heute!
Wer mich und meine Aktivitäten regelmäßig verfolgt weiß, dass ich seit Juli wieder ziemlich konstant bei der Sache bin. Ich habe zehn Wochen Insanity Max30 hinter mir sowie zwei Spartan Races und eine Woche Urlaub in England, der mit durchschnittlich 20k Schritten pro Tag sehr lauflastig war. Mein Wunsch dieses Mal ist es von Anfang an alles richtig zu machen. Gegen Ende der offiziellen acht Wochen Insanity taten mir beide Knie höllisch weh! So weh, dass ich sie bei jedem Schritt spürte und so sehr, dass ich mit Bandage in die Schule bin. Das kann es nicht sein, dachte ich mir.
Ich brauchte Hilfe. So viel war sicher. Nur wer konnte mir diese Hilfe bieten? Ich wollte kein drittes Mal ins Mainzer Gelenkzentrum und mir anhören, dass mein Knie „intakt“ sei. Ich hatte auch keine Lust auf zwanzig minütige Physioeinheiten, in denen man inklusive An- und Ausziehen kaum etwas gebacken bekommt. Was für ein blödsinniges Konzept! Also musste ein Trainer her. Ich wollte nicht zu irgendjemandem gehen, sondern zu jemanden, der mich und mein Problem verstehen würde. Aus den Videos wusste ich, dass auch Rapha Stress mit seinem Knie hatte und darum fiel meine Wahl auf ihn. Außerdem wusste ich durch die ganzen Videos, dass er mir keinen Bullshit erzählen würde. So schrieb ich kurzentschlossen den beiden eine Mail und freute mich wie ein kleines Kind, als endlich die Antwort kam! Nach einem kurzen Telefonat, in dem ich all meine Contenance aufbringen musste, um nicht auszuflippen, stand ein Termin fest. Der 10.10. um 13 Uhr.

Und so machte ich mich heute auf den Weg zum Körperwerk ins schöne Stuttgart. Das sind von mir aus gut 2:30h Fahrt. Eine Distanz, die ich gerne auf mich genommen habe. Ich bin nicht enttäuscht worden! Als erstes fiel mir auf, dass die beiden authentisch sind. Die Jungs laufen auch in ihrem Studio barfuß rum. Ich mag es, wenn Lehrer das leben was sie lehren. Die Begrüßung war herzlich und mit Namen. Ich hoffe, die zwei haben mir die Aufregung nicht zu sehr angemerkt. Vielleicht werden sie eines Tages das hier lesen und können sich dann ihr Grinsen nicht verkneifen. Raphael hat sich zwei Stunden Zeit für mich und mein Knieproblem genommen. Das Gespräch fand im Trainingsraum statt. Auf Judomatten. Keine Stühle, keine Tische. Ein Klemmbrett mit Kugelschreiber. In den zwei Stunden wurde mein Gang und mein Laufstil analysiert. Ich kenne jetzt den Grund für meine beim Laufen ständig auftretenden Blasen. Ferner gab es eine Haufen Arbeit für mich zum Mitnehmen, sowie die sehr bestimmte Instruktion mir eine Klimmstange zum Hängen anzuschaffen. Ich hatte gehofft, ich würde um das Hängen herumkommen. Pusteblume! Blablabla Wirbelsäule entspannen, blablabla Griffkraft stärken... jaja er hat ja Recht, seufz. Wir sind alle Übungen einmal mit guter Instruktion durchgegangen. Am Ende durfte ich sogar ein Video von Rapha aufnehmen, in dem er mir noch einmal alles vorgemacht hat. Grandios. Raphael ist ein mega freundlicher Trainer mit klaren, gut verständlichen Ansagen. Er verpasst Tritte in den Hintern, wenn nötig. Trotz seiner Freundlichkeit wahrt er professionelle Distanz. Ich habe mich nicht ein einziges Mal unwohl gefühlt.

Während ich das hier schreibe meldet sich langsam aber sicher der Muskelkater in meinen Oberschenkeln. Eine Klimmzugstange ist bereits bestellt worden und gleich morgen beginnt die Umsetzung. Ich habe beschlossen mir jeden Abend vor dem Schlafen eine Dreiviertelstunde Zeit für die Übungen zu nehmen. In der Zeit versuche ich soweit wie möglich mit dem Trainingsplan zu kommen und mache am nächsten Tag genau da weiter, wo ich am Tag davor aufgehört habe. Mit der Zeit werde ich schneller werden, sagt Rapha und ich glaube ihm.

Eine Dreiviertelstunde halte ich für einen realistischen Zeitaufwand. Meine Gedanken gehen schon weiter. Mir haben die Judomatten im Trainingsraum super gefallen. Sie erinnern mich an meine Kindheit und meine Zeit als aktiver Judoka. Irgendwie sind diese Sitzmöbel in meiner Wohnung herzlich unpraktisch, wenn es darum geht, wechselnde Sitzpositionen einzunehmen. Ich hab‘ da gedanklich was in Planung und werde es euch zeigen, sobald die Umsetzung vollzogen wurde ;-)
Wie geht’s weiter? Die nächsten sechs Wochen werde ich mich an die Umsetzung meiner Aufgaben machen und mich dann erneut mit Rapha koordinieren. Die Motivation ist riesig, die Disziplin vorhanden, jetzt muss der Plan zur Routine werden! Tschakka!

Auch für ein Fanfoto war noch Zeit ;-P



Hinweis: Bei dem hier geschriebenen Blog handelt es sich um meine eigene Meinung. Ich bin von niemandem für diesen Blog bezahlt worden. Wäre bei der Anzahl der Follower auch schön blöd :-P

Mittwoch, 13. September 2017

Alpen-Beast 2017 – der Berg und du

Spartan Races sind wundervolle Gelegenheiten, um sich darüber klar zu werden, wie fit man jetzt sein würde, hatte man bereits nach der Anmeldung mit dem Training für die selbigen begonnen. So geschah es auch dieses Jahr, als eine mental stark angeschlagene Junglehrerin, ca. zwei Monate vor dem Tag aller Tage, mit dem Training begann. Aus diesen Umständen, welche einem katastrophalen Start in das Jahr 2017 geschuldet waren, resultierte folgende, unfreiwillige Forschungsfrage:

Reichen acht Wochen Insanity Max 30, acht Einheiten Kangoo Jumps und ein einzelner 5km-Lauf, um einen Spartan Beast zu überleben?

Guten Morgen!
Weniger vom Forschungswillen als von der Tatsache - bereits knapp 200€ in das Event investiert zu haben - getrieben, machten also meine Teamkollegin und ich uns auf in die wunderschönen Berge nach Oberndorf in Tirol. Es gäbe wohl kaum einen besseren Ort, um ein entspanntes Wochenende zu verbringen, wäre da nicht die Tatsache gewesen, dass bereits am Folgetag um 9:45 Uhr der Startschuss für uns fallen würden. Um sechs Uhr klingelte unser Wecker. Meine Teamkollegin begrüßte mich und den Tag mit einem herzhaften „Fuck!“. Es folgten Versuche unseren Magnesiumspeicher aufzufüllen, etwas Essen herunterzuwürgen und den Koffeinspiegel soweit anzuheben, dass Entzugssymptome aufhören würden. Bald würde auch schon Olli, der Dritte im Bunde hier eintreffen. Zusammen mit Olli und einem sehr unguten Gefühl in der Magengegend, machten wir uns auf den Weg zum Eventgelände.

Ein schlauer Mann meinte einst: es ist nicht dumm Fehler zu begehen, aber es ist durchaus dumm dieselben Fehler wieder und wieder zu begehen und dabei andere Ergebnisse zu erwarten. Das Training war nicht gut gelaufen, aber immerhin hatte ich aus den quasi-traumatischen Erfahrungen aus 2015 gelernt: Zu meinem Equipment gehörten nun ein Trinkrucksack der US-Army, diverse Energy-Gels, vier Tabletten Ibuprofen á 400mg, zwei Stirnlampen und Ersatzbatterien. So gerüstet und mit einer gehörigen Portion Selbstironie fühlte ich mich bereit für den Start!
Das Kamikaze-Team

Es folgte das übliche Prozedere: „wer seid ihr?!“ – „SPARTANER!“ – „wie ist euer Ruf!?“ – „AROO AROO AROO!“ das ganze gefühlte zehn Mal, dazu Aufwärmübungen, die wir nicht mitmachten, vor allem um Kraft zu sparen, denn – so viel war sicher – wir würden jeden Millimeter davon benötigen.
Die Jagd ging los. Entspannt und im vollen Bewusstsein unserer Unsportlichkeit ließen wir uns zurückfallen. Es würde ein schöner Wanderausflug werden. Geraden und bergab würden wir laufen, Bergauf aus Prinzip nur gehen. Ich wusste, dass eine Alm auf uns warten würde, es machte keinen Sinn aus falschem Stolz laufen zu wollen, nur um dann am Berg zusammenzubrechen.

Bester Anheizer aller Zeiten!

Die Strecke verlief ähnlich wie die 2015, mit dem Unterschied, dass sie quasi gespiegelt war. War in 2015 der Steinbruch noch der krönende Abschluss so war dieser in diesem Jahr der anstrengende Start. Der Steinbruch verlangte uns einiges ab. Viele Hindernisse, die relativ dicht gepackt waren. Vermutlich war der Steinbruch ein Großteil der Sprint-Strecke. Ein kleiner Teich musste durchschwommen werden, außerdem wurde ziemlich viel Armkraft abverlangt. Bereits hier gelangte ich kurz an meine Grenzen, als es galt einen mit Kies gefüllten Eimer zu tragen. Gemessen an meinem Körpergewicht und meiner Armlänge war der Eimer zum einen ziemlich schwer, zum anderen auch ziemlich unhandlich. Mehrmals musste ich absetzen, mein unterer Rücken protestierte schmerzhaft. Es dauerte einige Zeit, bis ich mich von den Strapazen erholt hatte. Das Boulder-Hindernis, welches mir normalerweise nie Schwierigkeiten bereitet, konnte ich nicht überwinden, weil die Muskeln in den Händen sich noch nicht erholt hatten.
Grenzen austesten!

Raus aus dem Steinbruch, ab in den Wald. Bis jetzt ging es unserer kleinen Truppe noch erstaunlich gut! Frohen Mutes überwanden wir Kletterhindernisse, trugen Autoreifen und Metallketten und erfreuten uns dabei an der Schönheit der Tiroler Natur. Auch wenn der Alpenbeast den Ruf hat, der härteste seiner Art in Europa zu sein; der Schönste ist er auch!

der schönste Beast in ganz Europa!

Dann war es mit der Schönheit aber auch schlagartig vorbei. Mit dem Kanal begann das mir wohlbekannte und für meine Teamkollegen neue Martyrium. Hoch den Kanal, bis dieser zu einem Bach wurde, auch den nach oben und schließlich das Überwinden eines kleinen Wasserfalls mittels Holzkonstruktion und Netz. Sofern so gut. Durch unser langsames Tempo ging es mir den gesamten Streckenverlauf über hervorragend. Der Aufstieg begann und ich erkannte die Phasen der Trauer im Gesicht meiner Teamkollegin. All jene Phasen, die ich vor zwei Jahren selbst durchmachen musste:
der Kanal

Leugnung: Der Berg kann doch nicht so hoch sein! Er wird schon bald aufhören, die schicken uns bestimmt nicht den ganzen Berg hoch, das würden sie nicht tun, nein! Dann bei der Almhütte das Ausbrechen der Emotionen. Meine Teamkollegin wollten nicht mehr. Geld hin oder her. Unsichtbar war die Schönheit der Berge, alles war grau, das Leben ein Albtraum. Nach behutsamen aber bestimmten Tritten in den Hintern ging es weiter, immer weiter, bergauf. Regression. Mutlos aber tapfer schleppte sie sich weiter den Berg hinauf. Wiederaufkommende Emotionsausbrüche konnte ich durch bestimmtes Einschreiten verhindern. Es war hart, aber Maike biss sich durch, gab nicht auf und schließlich erreichten wir die zweite Basis, welche als krönenden Abschluss Sandsäcke für uns bereithielt.
Vor dem Berg - die Welt war noch in Ordnung!

Ich bin mir relativ sicher, dass meine Mutter etwas anderes meinte, als sie mir „die Zeit arbeitet für dich“ sagte. Aufgrund unserer unglaublich langsamen Geschwindigkeit, blieb uns das Sandsacktragen erspart. Die Bergrettung hatte die Befürchtung dass wir und ein paar andere Spartaner es nicht vor Einbruch der Dunkelheit zurückschaffen würden. Darum sollten wir ohne dieses zweifelhafte Vergnügen zurück auf die Rennstrecke geführt werden. Gegen die Auflage einer kleinen Strafzeit.

Und da passierte es! Es war eine Sekunde der Unachtsamkeit, ein Millimeter zu wenig, eine Baumwurzel zu viel. Maike stürzte frontal und landete unsanft auf ihrer Vorderseite, vornehmlich dem Brustbein und dem Ellebogen. Die Sache war gelaufen. Der herbeigerufene Notarzt ließ sie nicht weiterlaufen. Beim Abhorchen war der eine Lungenflügel stärker als der andere, dazu Schmerzen beim Atmen. Mit Verdacht auf eine Rippenfraktur war der Traum vom Beast ausgeträumt und für meine Teamkollegin ging es mit dem RTW ab Richtung Krankenhaus.

Zurück durch den Kanal
Wir zwei anderen wären ohne zu zögern mit ihr mitgefahren, wären nicht beide RTWs voll mit weiteren Patienten gewesen. Unter anderem ein gebrochener Finger. Da wir also ohnehin wieder zurücklaufen mussten und es nur noch ca. fünf bis acht Kilometer reguläre Strecke waren, konnten wir genauso gut den Beast zu Ende bringen.

Durch unseren unfreiwilligen Stopp war ich komplett ausgekühlt. Die Gelenke schmerzten und dank der Sandsteinchen in der Kiesgrube hatte ich mich zwischen den Beinen wund gelaufen. Es war bereits nach 16 Uhr und so langsam verging auch mir die Lust. Mit einem Affenzahn machten Olli und ich uns an den Abstieg. Insgesamt gab es ab hier kaum noch Hindernisse. Ein Baumstamm musste getragen werden, eine Wand überwunden, das war’s auch schon. Den Rest besorgten natürliche Hindernisse. Erneut durch einen Kanal, unter Brücken hindurch und endlich waren wir unten im Tal. An einem Krafthindernis scheiterten wir beide. Ich nehme mir erneut vor an meinen Pull-up-Künsten zu feilen.

Fast am Ziel!
Schließlich gegen 18 Uhr und nach insgesamt über acht Stunden auf der Strecke erreichten wir die Zielgerade in der Eventarena. Hier ging es noch einmal in die vollen mit all dem, wieso ich Spartan Races so sehr liebe: durch den Schlamm robben, in Schlamm baden und klettern! Was für ein Leben! Und schließlich und endlich der Sprung über das „Feuer“ oder besser gesagt dem, was davon übrig war. Gegen 18:30 Uhr, nach circa neun Stunden und 45 Minuten, erreichten Olli und ich erschöpft, aber zufrieden das Ziel. Es war mir ein Fest! Und auch für Maike gab es ein Happy End. Nichts gebrochen, „nur“ geprellt und eine epische Urkunde für Tapferkeit von einem wundervollen Pfleger.

Das Ziel! - Als wir da waren dämmerte es jedoch bereits!
Fazit:
Bezüglich meiner Forschungsfrage lässt sich konstatieren: jein: aufgrund der Zeit durften wir nicht mehr hoch zur Bergspitze. Somit haben wir nicht die komplette Strecke absolviert. Geschätzt mussten wir etwa drei Kilometer weglassen. Allerdings hätte ich den Berg schneller geschafft. Insofern könnte man spekulieren, dass die Absolvierung der gesamten Strecke theoretisch möglich gewesen wäre. Insgesamt waren wir aber natürlich unsagbar langsam und es ist nicht so, als ob ich meinen Teamkollegen die ganze Zeit hätte davonlaufen können. Die Versorgung auf der Strecke war wunderbar. Dennoch würde ich solche Strecken nie wieder ohne Trinkrucksack laufen. Die Schmerztabletten und die Stirnlampe habe ich nicht benötigt. Trotzdem war es ein gutes Gefühl sie dabei zu haben. Man weiß ja nie. Zu meiner Ausrüstung werde ich eine Rettungsdecke hinzufügen, um erneutem Auskühlen vorzubeugen. Während ich diesen Text hier schreibe schniefe ich vor mich hin und klammere mich an meine jämmerliche Existenz. Eine fette Erkältung hat mich im Griff, vielleicht sogar eine Männergrippe!


Ob ich nächstes Jahr wieder dabei bin? Natürlich! Geplant ist eine Zeit unter fünf Stunden. Ich denke das bekommen wir hin!
See you in 2018 AROO!