Dienstag, 2. Oktober 2018

Berliner Beast: mit dem Kopf verlorenen

Nie wieder Berlin! Das war mein Resümee, nachdem ich letztes Jahr dort den Super gelaufen bin. Während des Laufs hatte ich damals bereits die Überschrift für den Blog in meinem Kopf. Es war irgendwas mit „Beach-Party“. Etwa gefühlt ein Drittel der Strecke konnte man nicht gescheit laufen, weil, ja weil der Untergrund einem Sandstrand in einer überfüllten Touristenregion locker Konkurrenz machen könnte. Einzig das Meer war Finofurt – dem eigentlichen Austragungsort – nicht vergönnt gewesen. Also blieb es bei viel Wald und einem Luftfahrtmuseum, welches nun das Eventgelände für den Beast stellt.  

Nicht nur die eigentliche Laufstrecke war suboptimal. Auch die Fahrt nach Berlin glich einem Martyrium! Ständiger Stau machte aus einer Fünfeinhalb-Stunden-Fahrt damals locker neun Stunden. Wie ich dieses Jahr erfahren musste war das noch nicht das Ende der Fahnenstange. Alles in allem war die Fahrt zu lang für einen Lauf durch Wald, Wiesen und Sanddünen, auch wenn der Weg mit Hindernissen gespickt und von einer Medaille gekrönt war.

Als ich aber hörte, dass es in Finofurt nun einen Beast geben würde, war ich sofort Feuer und Flamme und meldete mich wider besseren Wissens an. Der überaus gute Grund es doch zu tun ist das Wissen um einen Wohlfühlbeast, denn neben einem bescheidenen Untergrund hat Finofurt noch etwas anderes nicht zu bieten. Finofurt ist flacher als die Niederlande! Wer an dieser Stelle einen versauen Witz vermutet hat, den muss ich wohl oder übel enttäuschen. Beamtliche Wohlverhaltenspflicht und so. Aber viele Leser kennen mich gut genug, um sich den politisch höchst unkorrekten Witz denken zu können. Zurück zum Thema. Einen einfacheren Beast würde ich 2018 nicht mehr bekommen und die Zukunft ist ungewiss, denn aktuell geht der Trend in Richtung Skigebiet. Man beachte den Wechsel von der Berliner Neustadt nach St. Pölten (Skigebiet). Also nix wie hin!

Und so machte eine völlig ausgebrannte und mental entkräftete Akam sich am letzten Schultag auf den Weg nach Finofurt. Es ist unglaublich wie sehr einen acht Wochen Schule aufzehren können. Die vergangenen Wochen hatten ihren Tribut gefordert. Aus meinen Vorsätzen Arbeiten immer sofort zu korrigieren, war mal wieder nichts geworden. Stress und Überstunden dominierten meinen Alltag und irgendwann reichte es meinem Körper, der sich mit exorbitanten Appetit, einer Haut, wie ich sie selbst zu schlimmsten Teenager-Zeiten nicht mehr hatte und Müdigkeit, zu bedanken wusste. Einer unsagbar lähmenden Müdigkeit. Nach der Schule musste ich oft nach Hause, um nochmal ein, zwei Stunden vor dem Training schlafen zu können. Im Training selbst war ich weniger leistungsstark, ich aß zugegebenermaßen nur noch Dreck, was die Abwärtsspirale nur noch weiter befeuerte.

In diesem Zustand fuhr ich also zehn Stunden nach Berlin. Genau, zehn verfluchte Stunden. Der Ferienbeginn in mehreren Bundesländern packte im Vergleich zum letzten Jahr nochmal ‘ne Schippe drauf. Um 13 Uhr losgefahren erreichte ich also um 23 Uhr meine Pension, suchte weitere dreißig Minuten lang den sehr, sehr gut versteckten Schlüssel und fiel dann völlig entkräftet ins Bett.

Am nächsten Tag hatte der Schlaf nicht gereicht, um von einer erfolgreichen Regeneration sprechen zu können. Hinzu kam, dass es über Nacht Herbst geworden war. Am Morgen waren es gerade einmal 1°C. Pfui Daibel! Warum zur Hölle tat ich mir das bloß an!?

Es folgte das übliche Prozedere: fluchen, anziehen, fluchen, Kaffee organisieren, beim ersten Schluck des schwarzen Goldes kurz entzückt aufstöhnen, zum Eventgelände fahren, fluchen, registrieren, fluchen, Zeug im Auto bunkern, fluchen, Autoschlüssel wasserdicht verpacken, fluchen, Warmup, fluchen, aroo, aroo, aroo, loslaufen.

Die ersten ca. 5km verliefen recht gut. An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass meine Fitbit Ionic akut out of order ist. Insofern sind alle Kilometerangaben ohne Gewähr. Meine Leidensgenossin Katharina verlor ich schon nach den ersten paar Kilometern. Erneut wurde mir zum Verhängnis, dass vermutlich jeder auf der Strecke mehr laufen trainiert hatte als ich und so würde es schließlich aber sicher sehr einsam um mich. Hin und wieder schloss ich mich einer illustren Dreiergruppe an. Obwohl die Ladies durchgehend liefen, während ich diverse Kilometer mürrisch vor mich hin walkte, finishte ich knapp vor ihnen. Das Technik Training an der YouTube Akademie zahlt sich aus. Dennoch: ohne Kilometer- und Zeitgefühl wurde es ein quälend langsamer Lauf und ich hatte verdammt viel Zeit, um nachzudenken. Zu allem Übel taten mir die Füße weh. Ein Zustand, der seit dem Oberdorfer Beast immer mal wieder auftritt.

Zwischen Kilometern 7 und 17 kam ich schließlich zu dem Entschluss nächstes Jahr eine Saison aussetzen zu wollen. Zu meinem 30. Geburtstag - also rechtzeitig zu meiner sich bereits jetzt ankündigenden Midlifecrisis - könnte ich ja dann wieder durchstarten. Nörgelig, demotiviert und einsam stapfte ich vor mich hin und verlor das Rennen im Kopf. Vermutlich hätte ich eine gute halbe Stunde schneller fertig sein können, wenn ich meine mentale Energie ins Laufen und nicht ins innerliche rumheulen investiert hätte. Aber nicht jeder Tag ist gleich und dasselbe gilt für die mentalen Voraussetzungen.

Letztendlich war der Berliner Beast ein Witz gegen den Oberndorfer. Keine Höhenmeter, wenig Wasser, angenehme Hindernisse von einer Hand voll abgesehen. Durch die neue, längere Strecke fiel der Sandteil auch nicht mehr so ins Gewicht. Eigentlich hätte es ein echt netter, gelenkschonender „Waldlauf“ werden können. Trotzdem war dieser Lauf am Ende für mich persönlich härter als die gut 27km in den Kitzbüheler Alpen. Was also bleibt? 

Meine erste Trifecta-Medaille! 


Noch am selben Tag plante ich mit Katharina die neue Season, meldete mich für St Pölten (Super und Sprint) an und die Anmeldung für Kaprun scheiterte lediglich am nicht vorhandenen Bargeld, wird aber sicherlich in den nächsten Tagen folgen. Ein mentales Tief ist ok, solange es nur nicht von Dauer ist. Ob ich nächstes Jahr nochmal in Berlin starte? Vermutlich nicht. Die Läufe in den Niederlanden sind für mich einfach logistisch betrachtet günstiger. Aber Trippel-Trifecta ist erneut geplant und das nächste Ziel wird ein Trifecta-Weekend, also alle drei Distanzen an nur einem Wochenende. Dafür sollte ich aber wirklich mal Laufen trainieren!

Das Ziel niemals aus den Augen verlieren! 

Ich werde mit meinem Yogalehrer bezüglich meiner inneren Einstellung sprechen und schauen, was ich noch mental aus mir rausholen kann. Die nächsten zwei Wochen stehen im Zeichen der „Selbstrestaurierung“. Massagen, Yoga, Achtsamkeit und endlich wieder eine balancierte Ernährung, die es meinem Körper und meinem Geist erlauben, dauerhaft am oberen Leistungsspektrum zu arbeiten. Der nächste Schritt ist Prävention. Ich werde jetzt schon ca. zwanzig Gerichte für die harten letzten Wochen vor den Weihnachtsferien vorkochen, damit ich in dieser kritischen, harten Phase nicht in gefährliche Muster zurückfalle.

Letztendlich bietet jede Krise auch die Chance zur Selbstreflexion. Und so genutzt erweisen Krisen sich als hilfreiche Ratgeber auf einer wundersamen Reise zur Selbstverwirklichung.

Eure Akam