Was ist noch bescheuerter als untrainiert bei einem
10km-Frauenlauf mitzumachen? Richtig! Untrainiert bei einem Spartan Beast
anzutreten. Nunja... völlig untrainiert ist vielleicht übertrieben, aber mit
Ruhm habe ich mich während der Sommerferien leider auch nicht bekleckert. Ich
gelobe hiermit feierlich Besserung. Da Frau Schulz und ich unbedingt diese
verdammte grüne Medaille haben wollten, machten wir uns - eine Woche nach
Schulstart - auf ins schöne Ösiland,
um dort was zu erleben.
Die Hinfahrt gestaltete sich ekelhaft. Pendler und
Berufsverkehr, wir haben alles mitgenommen. Bei elend vollen Straßen brauchten
wir acht Stunden um an unser Ziel, die Pension Anker in Walchsee, zu gelangen.
Diese lag mit dem Auto ca. 25 Minuten vom Start in Oberndorf entfernt. Wir
erreichten die Pension bei Dunkelheit. Umso begeisterter waren wir, als wir am
Morgen die tolle Aussicht genießen durften. Berge so weit das Auge reicht. Eine
Idylle sondergleichen, ein einziger Traum!
Blick aus dem Badezimmer-Fenster |
Nach einem gesunden Frühstück ging es überraschend früh nach
Oberndorf. Dort wurde erstmal geshoppt. So ein Spartan Beast will ja gebührend
in Erinnerung gehalten werden. Darum gab es die Trifecta-Schale sowie ein
Spartan Shirt mit der österreichischen Flagge. Außerdem kaufte ich mir noch ein
paar Energie-Gels, die mir später das Leben retten sollten.
Ready! |
12:45 Uhr ging es dann endlich los. Mir war vor Aufregung
spei übel und meine dunkle Vorahnung sollte sich als wahr erweisen... "Wer
seid ihr heute?" - "SPARTANER!" - "Wie lautet euer
Schlachtruf?" "AROO, AROO, AROO!" - "Euer Mut und eure
Bereitschaft ehren euch", machte der Anheizer weiter. Ehrlicher währe
"Eure Dummheit und euer Leichtsinn gehört bestraft" gewesen, denn
dies sollte der schlimmste Tag meines Lebens werden...
Es geht los! |
Es fing ganz harmlos an, hier ein bisschen Klettern, da
durch ein Schwimmbad... Schließlich kam ich zu einem Kanal. Frau Schulz hatte
sich mittlerweile verabschiedet, da sie wesentlich schneller laufen kann. Den Kanal fand ich ziemlich nett. Durch das Wasser planschend lief ich
die leichte Steigung hinauf. Hin und wieder musste man ein bisschen Kletter, es
war eine Wucht. So romantisch sollte es jedoch nicht bleiben, denn auf einmal
war aus dem gepatsche wieder fester Waldboden und aus der leichten Steigung ein
handfester Berg geworden. Noch ahnte ich nicht, dass wir ihn ganz bis zur
Spitze erklimmen mussten. Mein Frohsinn war ungetrübt.
Der Kanal. Aus dem Helikopter heraus fotografiert. |
Immer weiter ging es nach oben, jede Muskelfaser meines
Hinterns war dem Tode näher als dem Leben und es hörte und hörte nicht auf.
Kaum war eine Ebene erreicht, ging es weiter, immer weiter und unerbittlich
den Berg hinauf. Ich musste Pausen machen, aber ich war noch guter Dinge, denn
wo ein Berg nach oben geht, muss er ja schließlich auch wieder nach unten führen.
Ich habe Durst, kann kaum noch laufen, meine Schritte werden
klitzeklein, ich atme schwer. Ein Streckenposten bietet mir sein Wasser an. Er
ist mein Held! Nicht nur laufend, sondern auch unter dem Stacheldraht kriechend
müssen wir die verfluchte Alm hinauf. der Beast kennt keine Gnade! Nach dem
Stacheldraht bin ich am Ende - der Berg ist es noch lange nicht.
Stacheldraht. Auf dem Boden weiter nach oben.... |
Endlich Verpflegung. Ich verkünde laut, dass ich die Alpen "scheiße" finde. Meine Sinne sind getrübt, im Kopf habe
ich bereits ein dutzend Mal den Titelsong von "Heidi" gesungen. Ich bewundere
das Mädchen, dass immer zum Ziegen-Peter hoch gelaufen ist, während ich mich Stück
für Stück nach vorne kämpfe. Ich erreiche ein weiteres Plateau. Es gibt endlich
Essen und Trinken. Ich würge einen Proteinriegel runter und würde ihn am
liebsten gleich wieder auskotzen. Warum tue ich das hier eigentlich? Ist mein Leben
nicht auch so schwer genug? Ich erinnere mich daran, dass ich das tue, weil ich
einst fett war und kämpfe mich weiter, springe mit einem Gummieband durch die
Autoreifen und gelange schließlich zu einem wunderschönen, eiskalten Bergsee.
Hinein ins kühle Nass! Ich schreie auf und fange an in mir
sämtlichen bekannten Sprachen zu Fluchen. Die Phase des Fluchens wird bis zum
Berggipfel anhalten. Aus dem Wasser heraus spüre ich, dass sich ein Wadenkrampf
ankündigt. Ich verlangsame mein Tempo. Mein Körper darf nicht versagen, nicht
jetzt! Für die letzten 500 Meter bergauf beglückt man uns mit einem Sandsack.
Meiner passt zu meinem T-Shirt. Ich hieve das Ding hinauf, muss Pausen machen
und mich setzten. Waldameisen nutzen Ihre Chance sich für die von mir
zertrampelte Fauna zu rechen. Die Drecksviehcher sind riesengroß und tun
verdammt weh. Ich muss also weiter, bevor sie mich ganz verspeisen. Gestandene
Männer stöhnen neben mir, einzelne erleiden Wadenkrämpfe. Meine Wade hat sich
indes beruhigt. Mein Körper und mein Geist kämpfen Seite an Seite.
"Think pink" - Der Sandsack und ich |
Endlich! Es geht bergab, nachdem ich den ganzen abnormalen Berg
hoch gelaufen bin, darf ich ihn nun wenigsten wieder runter traben, ich liege
für meine Verhältnisse gut im Tempo. Die Hindernisse sind bis auf eine
Riesenwand gut zu meistern. Ich schließe mich einem italienischen Pärchen an,
dass mich nicht verstehen kann und die ganze Zeit sich "ti amore"
zuraunt. Unten angekommen geht es wieder ein Stückchen durch den Kanal und ich
denke, dass es nicht mehr weit sein kann. die zwanzig Kilometer sind voll.
Jetzt kommt das mysteriöse Plus. Ich ahne nicht, dass es noch sieben verflucht
harte Kilometer werden sollten.
Ich habe mich verschätzt. Die Deadline 19:30 Uhr rückt immer
näher, ich kann schon lange nicht mehr laufen und bin zum schnellstmöglichen
Walken übergegangen. Ich hasse mich, mein Leben, die Welt und vor allem den
Veranstalter. Ich bin in der Phase der Resignation angekommen. Als ich ein
weiteres Mal Sandsäcke tragen soll, fange ich an zu weinen. Die Italiener sind
auch am Ende. Ich raffe mich schließlich auf und mache weiter. Nach dem Säcke tragen
geht es erneut in einen Bachlauf, erneut bergauf, die Sonne beginnt langsam
aber sicher sich zu verabschieden. Ich schreie laut auf, gefolgt von einem Schluchzen. Es ist ein furchtbarer
Tag. Die Resignation wandelt sich in Wut um. Es geht weiter, ich stampfe voller
Zorn in Richtung Ziel. Zwischendurch reflektiere ich, was mir dieses Erlebnis über mich
und mein Lehramtsreferendariat lehren kann. Für sinnvolle Ergebnisse bin ich zu
schwach. Ich überwinde eine weitere Holzwand, für die Mokey Bars bin ich zu energielos.
Die Italiener habe ich abgehängt. Ich hoffe, dass sie es schaffen, muss aber nun an
mich denken.
Ich treffe zwei Mädels, die sich auch alleine unterwegs
waren, bis sie sich gefunden haben und schließe mich ihnen an. Zusammen machen
wir weiter, regen uns zusammen mit Batman und Spiderman über den Berg auf und
dass kein normaler Mensch denkt an 27km denkt, wenn er 20+km hört. Eine beschließt
dem Veranstalter einen erbosten Brief zu schreiben. Ich beschließe an so einer
Scheiße niemals wieder teilzunehmen!
Kurz vorm Ziel - Es ist schon fast dunkel! |
wir schleppen uns nach fast sieben Stunden ins Ziel und ich
fange fast wieder an zu weinen - aber nur fast. Ich bin total im Eimer und
begebe mich auf die Suche nach Frau Schulz, die - wie ich später erfahren
sollte - es gut 45 Minuten schneller geschafft hat. Ich ziehe meinen Hut!
Geschafft - fetten Dank an die Mädels! |
In der Pension angekommen fallen wir beide nach einer
ausgiebigen Dusche ins Bett. Zuvor habe ich noch Magnesium und Proteine in rauen Mengen gefuttert. Am nächsten Morgen steckt uns der Muskelkater in allen
Knochen! In aller Herrgottsfrühe machen wir uns auf den Heimweg zu unseren
Männern, die nicht mitgekommen waren. Ich freue mich auf zu Hause und verbringe
den Rest des Sonntages im Bett.
Der Morgen danach - wunderschön! |
Mein Fazit: Der Spartan Beast ist grausam und kennt keine
Gnade. Viele haben es nicht ins Ziel geschafft. Ich habe überlebt und bin
stolz! Das T-Shirt trage ich so oft wie möglich. Die Organisation war Bombe! Es
gab viele Versorgungstationen. Vielen Dank an alle freiwilligen Helfer.
Ich fand
es fair, dass der Veranstalter die Deadline nach hinten verlegt hat. Alle, die
im Ziel ankamen wurden gewertet und bekamen ihre Medaille. So geduldig wie die Veranstalter waren die Kollegen vom Sportograf leider nicht alle. Viele hatten schon eingepackt, als ich ankam und so gab es diesmal trotz 27km nur wenige Bilder von mir.
Naja und was soll ich sagen? Nächstes Jahr weiß ich genau,
was auf mich zukommt und dann werde ich zu allem bereit sein! Ich werde diesen
Winter zum trainieren nutzen und nächstes Jahr allen zeigen, was die pummelige Lehrermietze so drauf hat!