Sonntag, 20. September 2015

Spartan Race Beast 12.09.2015 - Der Berg ruft!

Was ist noch bescheuerter als untrainiert bei einem 10km-Frauenlauf mitzumachen? Richtig! Untrainiert bei einem Spartan Beast anzutreten. Nunja... völlig untrainiert ist vielleicht übertrieben, aber mit Ruhm habe ich mich während der Sommerferien leider auch nicht bekleckert. Ich gelobe hiermit feierlich Besserung. Da Frau Schulz und ich unbedingt diese verdammte grüne Medaille haben wollten, machten wir uns - eine Woche nach Schulstart - auf ins schöne Ösiland, um dort was zu erleben.

Die Hinfahrt gestaltete sich ekelhaft. Pendler und Berufsverkehr, wir haben alles mitgenommen. Bei elend vollen Straßen brauchten wir acht Stunden um an unser Ziel, die Pension Anker in Walchsee, zu gelangen. Diese lag mit dem Auto ca. 25 Minuten vom Start in Oberndorf entfernt. Wir erreichten die Pension bei Dunkelheit. Umso begeisterter waren wir, als wir am Morgen die tolle Aussicht genießen durften. Berge so weit das Auge reicht. Eine Idylle sondergleichen, ein einziger Traum!

Blick aus dem Badezimmer-Fenster

Nach einem gesunden Frühstück ging es überraschend früh nach Oberndorf. Dort wurde erstmal geshoppt. So ein Spartan Beast will ja gebührend in Erinnerung gehalten werden. Darum gab es die Trifecta-Schale sowie ein Spartan Shirt mit der österreichischen Flagge. Außerdem kaufte ich mir noch ein paar Energie-Gels, die mir später das Leben retten sollten.

Ready!

12:45 Uhr ging es dann endlich los. Mir war vor Aufregung spei übel und meine dunkle Vorahnung sollte sich als wahr erweisen... "Wer seid ihr heute?" - "SPARTANER!" - "Wie lautet euer Schlachtruf?" "AROO, AROO, AROO!" - "Euer Mut und eure Bereitschaft ehren euch", machte der Anheizer weiter. Ehrlicher währe "Eure Dummheit und euer Leichtsinn gehört bestraft" gewesen, denn dies sollte der schlimmste Tag meines Lebens werden...

Es geht los!

Es fing ganz harmlos an, hier ein bisschen Klettern, da durch ein Schwimmbad... Schließlich kam ich zu einem Kanal. Frau Schulz hatte sich mittlerweile verabschiedet, da sie wesentlich schneller laufen kann. Den Kanal fand ich ziemlich nett. Durch das Wasser planschend lief ich die leichte Steigung hinauf. Hin und wieder musste man ein bisschen Kletter, es war eine Wucht. So romantisch sollte es jedoch nicht bleiben, denn auf einmal war aus dem gepatsche wieder fester Waldboden und aus der leichten Steigung ein handfester Berg geworden. Noch ahnte ich nicht, dass wir ihn ganz bis zur Spitze erklimmen mussten. Mein Frohsinn war ungetrübt.

Der Kanal. Aus dem Helikopter heraus fotografiert.
Immer weiter ging es nach oben, jede Muskelfaser meines Hinterns war dem Tode näher als dem Leben und es hörte und hörte nicht auf. Kaum war eine Ebene erreicht, ging es weiter, immer weiter und unerbittlich den Berg hinauf. Ich musste Pausen machen, aber ich war noch guter Dinge, denn wo ein Berg nach oben geht, muss er ja schließlich auch wieder nach unten führen.

Ich habe Durst, kann kaum noch laufen, meine Schritte werden klitzeklein, ich atme schwer. Ein Streckenposten bietet mir sein Wasser an. Er ist mein Held! Nicht nur laufend, sondern auch unter dem Stacheldraht kriechend müssen wir die verfluchte Alm hinauf. der Beast kennt keine Gnade! Nach dem Stacheldraht bin ich am Ende - der Berg ist es noch lange nicht.

Stacheldraht. Auf dem Boden weiter nach oben....

Endlich Verpflegung. Ich verkünde laut, dass ich die Alpen "scheiße" finde. Meine Sinne sind getrübt, im Kopf habe ich bereits ein dutzend Mal den Titelsong von "Heidi" gesungen. Ich bewundere das Mädchen, dass immer zum Ziegen-Peter hoch gelaufen ist, während ich mich Stück für Stück nach vorne kämpfe. Ich erreiche ein weiteres Plateau. Es gibt endlich Essen und Trinken. Ich würge einen Proteinriegel runter und würde ihn am liebsten gleich wieder auskotzen. Warum tue ich das hier eigentlich? Ist mein Leben nicht auch so schwer genug? Ich erinnere mich daran, dass ich das tue, weil ich einst fett war und kämpfe mich weiter, springe mit einem Gummieband durch die Autoreifen und gelange schließlich zu einem wunderschönen, eiskalten Bergsee.

Hinein ins kühle Nass! Ich schreie auf und fange an in mir sämtlichen bekannten Sprachen zu Fluchen. Die Phase des Fluchens wird bis zum Berggipfel anhalten. Aus dem Wasser heraus spüre ich, dass sich ein Wadenkrampf ankündigt. Ich verlangsame mein Tempo. Mein Körper darf nicht versagen, nicht jetzt! Für die letzten 500 Meter bergauf beglückt man uns mit einem Sandsack. Meiner passt zu meinem T-Shirt. Ich hieve das Ding hinauf, muss Pausen machen und mich setzten. Waldameisen nutzen Ihre Chance sich für die von mir zertrampelte Fauna zu rechen. Die Drecksviehcher sind riesengroß und tun verdammt weh. Ich muss also weiter, bevor sie mich ganz verspeisen. Gestandene Männer stöhnen neben mir, einzelne erleiden Wadenkrämpfe. Meine Wade hat sich indes beruhigt. Mein Körper und mein Geist kämpfen Seite an Seite.
"Think pink" - Der Sandsack und ich

Endlich! Es geht bergab, nachdem ich den ganzen abnormalen Berg hoch gelaufen bin, darf ich ihn nun wenigsten wieder runter traben, ich liege für meine Verhältnisse gut im Tempo. Die Hindernisse sind bis auf eine Riesenwand gut zu meistern. Ich schließe mich einem italienischen Pärchen an, dass mich nicht verstehen kann und die ganze Zeit sich "ti amore" zuraunt. Unten angekommen geht es wieder ein Stückchen durch den Kanal und ich denke, dass es nicht mehr weit sein kann. die zwanzig Kilometer sind voll. Jetzt kommt das mysteriöse Plus. Ich ahne nicht, dass es noch sieben verflucht harte Kilometer werden sollten.

Ich habe mich verschätzt. Die Deadline 19:30 Uhr rückt immer näher, ich kann schon lange nicht mehr laufen und bin zum schnellstmöglichen Walken übergegangen. Ich hasse mich, mein Leben, die Welt und vor allem den Veranstalter. Ich bin in der Phase der Resignation angekommen. Als ich ein weiteres Mal Sandsäcke tragen soll, fange ich an zu weinen. Die Italiener sind auch am Ende. Ich raffe mich schließlich auf und mache weiter. Nach dem Säcke tragen geht es erneut in einen Bachlauf, erneut bergauf, die Sonne beginnt langsam aber sicher sich zu verabschieden. Ich schreie laut auf, gefolgt von einem Schluchzen. Es ist ein furchtbarer Tag. Die Resignation wandelt sich in Wut um. Es geht weiter, ich stampfe voller Zorn in Richtung Ziel. Zwischendurch reflektiere ich, was mir dieses Erlebnis über mich und mein Lehramtsreferendariat lehren kann. Für sinnvolle Ergebnisse bin ich zu schwach. Ich überwinde eine weitere Holzwand, für die Mokey Bars bin ich zu energielos. Die Italiener habe ich abgehängt. Ich hoffe, dass sie es schaffen, muss aber nun an mich denken.

Ich treffe zwei Mädels, die sich auch alleine unterwegs waren, bis sie sich gefunden haben und schließe mich ihnen an. Zusammen machen wir weiter, regen uns zusammen mit Batman und Spiderman über den Berg auf und dass kein normaler Mensch denkt an 27km denkt, wenn er 20+km hört. Eine beschließt dem Veranstalter einen erbosten Brief zu schreiben. Ich beschließe an so einer Scheiße niemals wieder teilzunehmen!
Kurz vorm Ziel - Es ist schon fast dunkel!

wir schleppen uns nach fast sieben Stunden ins Ziel und ich fange fast wieder an zu weinen - aber nur fast. Ich bin total im Eimer und begebe mich auf die Suche nach Frau Schulz, die - wie ich später erfahren sollte - es gut 45 Minuten schneller geschafft hat. Ich ziehe meinen Hut!

Geschafft - fetten Dank an die Mädels! 

In der Pension angekommen fallen wir beide nach einer ausgiebigen Dusche ins Bett. Zuvor habe ich noch Magnesium und Proteine in rauen Mengen gefuttert. Am nächsten Morgen steckt uns der Muskelkater in allen Knochen! In aller Herrgottsfrühe machen wir uns auf den Heimweg zu unseren Männern, die nicht mitgekommen waren. Ich freue mich auf zu Hause und verbringe den Rest des Sonntages im Bett.

Der Morgen danach - wunderschön!

Mein Fazit: Der Spartan Beast ist grausam und kennt keine Gnade. Viele haben es nicht ins Ziel geschafft. Ich habe überlebt und bin stolz! Das T-Shirt trage ich so oft wie möglich. Die Organisation war Bombe! Es gab viele Versorgungstationen. Vielen Dank an alle freiwilligen Helfer. 
Ich fand es fair, dass der Veranstalter die Deadline nach hinten verlegt hat. Alle, die im Ziel ankamen wurden gewertet und bekamen ihre Medaille. So geduldig wie die Veranstalter waren die Kollegen vom Sportograf leider nicht alle. Viele hatten schon eingepackt, als ich ankam und so gab es diesmal trotz 27km nur wenige Bilder von mir. 

Naja und was soll ich sagen? Nächstes Jahr weiß ich genau, was auf mich zukommt und dann werde ich zu allem bereit sein! Ich werde diesen Winter zum trainieren nutzen und nächstes Jahr allen zeigen, was die pummelige Lehrermietze so drauf hat!

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